Carl Friedrich May

* 25. Februar 1842
Ernstthal

† 30. März 1912
Radebeul

Fenster schließen

 


 

Karl May in Schleswig-Holstein

(Für die Bildershow einfach auf das Vorschaubild klicken!)


 

Bei der Frage nach Schleswig-Holstein und Karl May fällt einem sofort - Eckernförde ein. Oder Bad Segeberg. Je nachdem, ob der Antwortende der eher puritanischen Leben&Werk- oder der freizügigeren Rezeptionsfraktion der Karl-May-Szene angehört.

 

Eckernförde jedenfalls ist Schauplatz in Mays historischer Novelle Aqua benedetta bzw. Ein Fürst des Schwindels und Bad Segeberg bekanntlich seit 1952 Schauplatz kurioser, aber höchst erfolgreicher Frei-nach-May-Bühnenstücke.

 

Die Akademie Sankelmark verband beides.

 

Unter der Überschrift Genie, Prediger oder Scharlatan? - Wer war Karl May fand vom 14. bis zum 16. August 2015 eine Tagung statt, die neben verschiedenen Vorträgen auch eine Exkursion nach Schloss Louisenlund bei Eckernförde und Bad Segeberg beinhaltete.

 

Die mehrtägige Veranstaltung wurde von Hans Baron1) von der Akademie in Zusammenarbeit mit der Karl-May-Gesellschaft organisiert. Wenig überraschend kamen daher die meisten der Referenten auch aus den Reihen dieser Gesellschaft.

 

Den Eröffnungsvortrag hielt am Freitag Abend Martin Lowsky, der die Interessenten erst einmal grundsätzlich über Karl May informierte. Dass das nötig war, zeigte sich spätestens in der Diskussion danach. Abgesehen von den Referenten, die auch die Vorträge ihrer Kollegen mitverfolgten, waren die Zuhörer allesamt Laien; d.h., sie haben Karl May gern gelesen - oder lesen ihn noch - wussten aber über sein Leben oft nur ein paar Schlagworte.

 

Nach jedem Vortrag gab es eine ausführliche Diskussions- oder Fragerunde, und fast immer kamen dabei vor allem auch die jeweils eigenen Leseerfahrungen zur Sprache. Auch das den Abend abschließende Zusammensitzen in der gemütlichen "Klause", im Keller der Akademie, war von sehr, sehr viel Interesse geprägt.

 

Nach dem Frühstück am Samstag begann Johannes Zeilinger den Vortragsreigen, der sehr bildreich über Karl Mays Begegnung mit dem islamischen Fundamentalismus berichtete. Ihm folgte ein Vortrag über Europa und der Zorn auf Europa (wieder von Martin Lowsky), bei dem es insbesondere um Karl Mays Einstellung zum "Abendland" ging. Ich hatte den Eindruck, dass die Entstehungsgeschichte von Et in terra pax/Und Friede auf Erden! den Zuhörern weitgehend neu war und ihr Bild von May sehr beeinflusste.

 

Nach dem Mittagessen fuhr die ganze Reisegruppe nach Eckernförde zum Schloss Louisenlund.

 

Das heutige Gymnasium mit Internat war früher der Sommersitz des Gottorfer Statthalters des Königreichs Dänemark. Die namensgebende Louise war Tochter und Schwester dänischer Könige. 1790 errichtete ihr Mann, der auch von May erwähnte aktive Freimaurer Carl von Hessen, im Park des Herrenhauses einen "Freimaurerturm", in dem Versammlungen abgehalten und alchimistische Experimente durchgeführt wurden, an denen auch sein Freund, der legendäre Graf von Saint-Germain, beteiligt war. Das ist der historische Rahmen, den auch May nutzte. Bei Karl May wird der Graf im Saal des Schlosses aber bei einer Darbietung seiner Fähigkeiten von einem Widersacher ermordet - was nicht belegt ist. Eine Todesursache wird in den Akten wohl nicht angegeben; aber dass der geheimnisvolle Graf in Eckernförde begraben wurde, ist nachweisbar.

 

Am Originalschauplatz des Todes des Grafen jedenfalls versammelte sich die Reisegruppe um Dr. Alf Hermann, der nach einer kurzen Einführung in die Geschichte des Schlosses und des Parks eine May-Lesung mit verteilten Rollen veranstaltete, für die er kurzerhand das Publikum mit einspannte (wenn man eine szenische Lesung als Inzenierung zählt, dann ist Louisenlund nach Burg Ziesar meines Wissens der zweite Original-Handlungsort, an dem der entsprechende Text aufgeführt wird). Nach einer ausführlichen Besichtung des "Freimaurerparks" und der Ausgrabungsstätte rund um den zerstörten Alchemistenturm ging die Busfahrt weiter, Richtung Bad Segeberg.

 

Im diesen Jahr wurde Im Tal des Todes gespielt - ein Stück, das schon vom Titel her nicht viel Werktreue erwarten lässt. Einige Teilnehmer der Gruppe hatten im Laufe der Veranstaltung bereits fallen gelassen, dass dieser Besuch der Freilichtbühne ein gewichtiges Argument für den Besuch der Tagung gewesen sei. Viele stammten aus dem weiteren Umkreis und kannten die Bühne von früher. Die Idee, mit "Gleichgesinnten" gemeinsam einen Wiederbesuch zu wagen, war offenbar sehr reizvoll.

 

Ich selbst war einfach neugierig.

 

Nichts in den vergangenen Jahren hatte mich gereizt, jemals nach Bad Segeberg zu fahren. Die Berichterstattung in den einschlägigen Publikationen hatte ich zwar mit Interesse verfolgt, aber so verfolge ich auch Berichte über Banküberfälle oder Ebolaausbrüche - "Interesse" heißt nicht zwangsläufig, dass mir etwas fehlt, wenn ich der Sache nicht persönlich ausgesetzt bin.

 

Da meine Erwartungshaltung sehr niedrig war, kann ich ehrlich erklären: Ich war positiv überrascht. Es war natürlich kein Karl May enthalten, die Handlung war streckenweise unglaubwürdig und Heinz Erhardt war mir einfach zu oft auf der Bühne, aber im großen und ganzen war das eine schöne Inszenierung. Und dass das Publikum buht und pfeift, wenn sich die Schurkin auf der Bühne zeigt, hab ich zum letzten Mal erlebt, als ich mit einer Gruppe Fünfjähriger im Puppentheater war. Offenbar haben sich aber alle Zuschauer prächtig amüsiert und das war durchaus ansteckend. Spät in Nacht waren wir zurück in Sankelmark und fielen in die Betten.

 

Der Sonntag begann mit einem Vortrag von Helmut Schmiedt, der mit seinem Thema Karl May ist Christus anfangs für einige sehr reservierte Gesichter im Auditorium sorgte. Allerdings konnte er schnell aufklären, was er meinte und gerade das Thema "Inszenierung" - ob nun Mays eigene oder die seiner Helden - sorgte wieder einmal für eine sehr intensive und anregende Diskussion im Anschluss.

 

Mein Vortrag über die Literarische Karl-May-Pastiches und -Fortsetzungen bildete den Abschluss der Tagung. Im Vergleich zu dem Referat im Mai hatte ich nicht viel geändert: ein bisschen umgestellt, ein paar Namen ausgetauscht und vor allem hatte ich statt der Bücher nur Bilder der Einbände dabei, die ich an die Leinwand projizierte. Das Publikum schien am Ende ziemlich beeindruckt, denn das Spektrum ist ja wirklich sehr, sehr breit.

 

Nach einigen abschließenden Worten und der Aussicht, dass es möglicherweise in den kommenden Jahren irgendwann eine weitere Tagung zum Thema Karl May in Sankelmark geben könnte, entließ uns Hans Baron. Es waren anstrengende, aber sehr schöne Tage im Norden. Vielleicht komme ich mal wieder dorthin. Meinetwegen auch nach Bad Segeberg.

 

Jenny Florstedt

 

 

1) Dass auch solche “sehr frei nach/von Karl May”-Aufführungen wie die in Bad Segeberg doch letzlich zu unserem Lieblingsautoren führen können, auch das war hier festzustellen. So kannte Herr Baron Karl May ursprünglich nur vom “Kalkberg", er besuchte jährlich diese Aufführungen mit seiner Familie. Von dem auch dort spürbaren “Friedensgedanken” war er als Theologe so angetan, dass er beschloss, nicht nur Bücher von, sondern auch Bücher über Karl May zu lesen. Dies führte dann schließlich dazu, dass er diese Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Karl-May-Gesellschaft durchführte (Anm. H. Moritz).

Der Webmaster dankt:
- H. Moritz für die Bilder,
- J. Florstedt für den Text.


 


 

Fenster schließen