Carl Friedrich May

* 25. Februar 1842
Ernstthal

† 30. März 1912
Radebeul

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Winnetou I an den Greifensteinen

Von Michael Kunz

 

Vorwort
(von Charlotte Rauch)

Sollten Sie hier kein Bild sehen, ist die Herkunftsseite down. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal. Voller Vorfreude machte sich Charlotte am 10. August auf den Weg zur Premierenvorstellung von Winnetou I an die "Greifensteine".

Aber wie das so ist mit allzugroßen Erwartungen - sie werden nicht selten enttäuscht.

Das fing schon mit der Hinfahrt an. Nach schier endlosem Rumgegurke im schönen Erzgebirge kam ich dann doch noch irgendwann bei der Bühne an... eine Stunde später, als mir Google Maps prophezeit hatte *schnaub*.
Zum Dank dafür bekam ich dann einen Parkplatz am Arsch der Welt und bis ich mir noch ein Wasser organisierte, hatte ich schon die Einführung durch die beiden Trommeldamen verpasst (was wohl nicht wirklich zu bedauern ist... ;o)).
Was ich dann in den 90 Minuten auf der Bühne zu sehen bekam, konnte meine Laune auch nicht gerade zum Besseren wenden.

Entsprechend fiel dann auch mein Bericht aus, der aber leider (oder Wakan Tanka sei Dank) nie fertiggestellt wurde, da mir dreimal (!!!!!) kurz vor Fertigstellung mein Schreibprogramm abgestürzt ist. Vielleicht hat es auch die ganzen Boshaftigkeiten nicht ertragen, die mir zu dem Spektakel so ein- und aufgefallen sind.
Angefangen von Old Sharlihs idiotischem Kasperles-Anzug über das mal wieder explodierende Klohäuschen, einen Intschu-Tschuna mit Schnauzbart bis hin zu den "stundenlangen" Saloon-Umtrieben im Mittelpunkt der Bühne (während sich die eigentliche "Geschichte einer großen Freundschaft" im wahrsten Sinne des Wortes nur am Rande abspielte)... wurde für meine Begriffe mal wieder etwas zu tief in die Fun-Box gegriffen. Ergriffenes Schweigen passt für manche wohl nicht mehr in unsere heutige hektische Zeit...

...und bevor ich meinem Namen als Grantlerin, Kratzbürste und lebende Kompromisslosigkeit wieder zur Ehre gereiche, hab ich mir jetzt einen Ghost-Writer engagiert, der das im Übrigen sowieso viel besser kann als ich, schreibt er doch seit mehr als zehn Jahren Bühnenberichte und andere Beiträge für das Karl May & Co. – Magazin...

...bitteschön, Herr Kunz, das Podium gehört jetzt Dir!

Logo im Vorwort: Alle Rechte greifensteine.de
Der Webmaster dankt:
- M. Kunz für Text und Bilder,
- C. Rauch für Vorwort und Bilder sowie
- greifensteine.de für Bilder, aber besonders für die freundliche Genehmigung, auch alle Bilder veröffentlichen zu dürfen!
Mit Klick auf das Bild im Text öffnet sich eine Bildershow!

 


 

Karl May an den Greifensteinen, das ist immer auch eine kleine Zeitreise. 2002 und 2003 etwa inszenierte Klaus-Hagen Latwesen seinen für das "normale" Theater geschriebenen Schut für die Freilichtbühne im Erzgebirge ganz im Stil der Produktionen, die in den 80-er Jahren für Zuschauerrekorde in Bad Segeberg sorgten.

 

2006 bis 2008 ging es mit Unter Geiern nach dem 1962-er Buch von Wulf Leisner sogar noch weiter zurück. Da ließ sich eindrücklich das klassische Sprechtheater jener Jahre am Kalkberg nachempfinden. Und 2014 erinnerte das eine oder andere Bild an Fotos aus den frühen Aufführungen auf der "Mutter aller Karl-May-Spielstätten" in Rathen.

 

In diesem Sommer ritten Winnetou und Old Shatterhand nach fünfjähriger Pause wieder im Schatten der grandiosen Felsen des Naturtheaters Greifensteine, mitten im pittoresken Erzgebirge. Und wie schon 1992 mit Winnetous Tod hatten die Verantwortlichen sich ein Buch von Jochen Bludau aus Elspe als Vorlage genommen. Die Zuschauer bekamen vom 10. bis zum 31. August das "andere Ende" der Legende zu sehen, den Beginn der Blutsbrüderschaft in Winnetou I.

 

Schon mal vorweg: Der Besuch lohnte sich "auf der schönsten Felsenbühne Europas" (so heißt es tatsächlich etwas unerschrocken in der Werbung; schön ist sie ja wirklich, aber was wohl die Rathener davon halten??..). Die "normalen" Zuschauer vor allem nahmen die Vorstellungen mit Begeisterung auf, der "Festspiel-May"-affinere Gast konnte sich aber auch an der Produktion erfreuen, wenn er zum einen oder anderen Abstrich bereit war und die Eigenheiten einer Inszenierung durch ein Repertoire-Theater hinnahm, das eben auch noch den Freischütz, Räuber Hotzenplotz oder Pippi Langstrumpf auf dem Spielplan hat und nicht wirklich regelmäßig die Tradition in Sachen Karl May pflegt.

 

Soll heißen, Spielleiter Urs Alexander Schleiff (selbst als Sheriff Barker mit dabei) hielt sich im Wesentlichen an die Vorlage des Autors aus dem Sauerland, reicherte sie allerdings mit ein paar zusätzlichen Elementen an, die heute auf vielen Bühnen durchaus zum Standard gehören.

 

Neu war zum Beispiel das Vorspiel. Noch während die letzten Zuschauer ihre Plätze suchten und fanden, zeigten Helene Aderhold und Monika Reithofer ihre musikalischen und turnerischen Künste an zwei gewaltigen Trommeln. Die Indianerkostüme und körperlichen Gestalten der beiden Damen ließen beim einen oder anderen später nicht unbedingt Überraschung aufkommen, als sie als Nscho-tschi und Kliuna-ai auch im eigentlichen Stück einen Platz fanden. Das folgte, wie bereits konstatiert, fast wortgetreu dem Bludauschen Stück, das in Elspe zuletzt 2012 gespielt wurde. Folglich war zu erleben, wie das Greenhorn Charly (Olaf Kaden) ins Städtchen Black Hill kommt, und dort von Sam Hawkens (Udo Prucha) als Landvermesser für den Bau der Eisenbahn angestellt wird. Sam wird kurz darauf vom Schurken Santer (Marvin Thiede) abgesetzt, der mit seiner Gang von schwarzgekleideten Outlaws dafür sorgt, dass der von Winnetou (Nenad Zanic) mit dem Gouverneur ausgehandelte Plan, die Bahnline um das Apachenland herum zu bauen, wieder ad acta gelegt wird. Jochen Bludau war 1978 in Elspe der erste, der erfolgreich in dieser Weise Elemente des Buches und des Harald-Reinl-Films von 1963 kombinierte, seither ein Standard auf den meisten Bühnen. Das bewährte Konzept funktionierte grundsätzlich auch im Erzgebirge, wenngleich die Vorlage weder durch die erwähnte Eintrommelei erheblich veredelt wurde, noch durch die Tanzeinlagen im Indianerlager (Chingachgook, die große Schlange, ließ ein wenig grüßen) oder den "Can Can" vor dem Saloon von Black Hill. Überhaupt dieser Name der Stadt. Das Stück spielt nach wie vor im klassischen Apachenland. Warum dann nicht Bludaus Sheridan (aus dem "Silbersee") oder wenigstens das filmische Roswell genutzt wurden, sondern ein neuer, nach Dakota klingender, Name, blieb ein wenig rätselhaft. Eher überflüssig - ein Lacher wurde es jedenfalls nicht - war die Erwähnung von Daisy Town (gibt es da Lucky Luke-Fans??) durch die Schurken oder die Benennung der Saloon-Damen mit Britney und Spears und so weiter. Gähn. Haha.

 

Die klassischen Elsper Aufführungen lebten immer auch von den unverwechselbaren Darstellertypen, allen voran Indianerlegende Meinolf Pape oder auch Bludau selbst, der bis in die 90-er Jahre den Shatterhand spielte. Eine solche Ausstrahlung hatte in dieser Aufführung leider nur der leicht berlinernde Sam Hawkens Udo Pruchta, wenngleich er rein optisch mit seinen Kleeblattkameraden eher an erzgebirgische Bergleute erinnerte, denn an das berühmte Trappertrio Karl Mays.

 

Olaf Kaden, der seine anfängliche Greenhorn-Eigenschaft durch einen merkwürdigen Karo-Anzug unterstreichen muss, der gerade noch so die Gedanken an Sir David Lindsay vermeiden lässt, und Winnetou Zanic gaben sich erkennbar alle Mühe. Aber sie konnten eben nie ganz verbergen - ein Schwachpunkt auch schon früherer May-Produktionen an den Greifensteinen - dass sie nicht unbedingt für gerade diese legendären Heldenrollen geboren sind. Nicht immer hat ein Regisseur das stille Glück, Leute wie Jürgen Haase oder Jean-Marc Birkholz in seiner Mannschaft zu haben… Der einzige Veteran früherer Karl May-Stücke an den Greifensteinen und sogar aus DEFA-Indianerfilmen, Giso Weisbach, hatte als Klekih petra zu wenig zu tun, um wirklich einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

 

Wirklich erfreulich: Am Kiosk gab es tatsächlich den Band 7 der Grünen Bände und eine Auswahl aktueller Veröffentlichungen des KMV zu kaufen, dazu war das bekannte Poster mit der Übersicht über die Gesammelten Werke zu sehen. Die Freilichtspiele an den klassischen May-Bühnen und den sporadischen Spielorten sind heute der primäre Zugang vieler Menschen zum Thema Karl May - und hier muss es versucht werden, sie auch für eine Vertiefung auf anderen Ebenen zu gewinnen. Eine mühsame Arbeit vielleicht, aber eine, die sich lohnt. Denn eines zeigte sich in diesem Sommer wieder an einem Dutzend Orten zwischen Bad Segeberg und Wien - auch hier an den Greifensteinen: Karl May und Winnetou füllen die Bänke praktisch überall, wo sie auf den Plakaten auftauchen. Selbst wenn - wie hier im Erzgebirge - Wahlkampfzeit ist und der Häuptling der Apachen von Dutzenden von NPD-Postern fast zugedeckt wird. Nie waren solche Produktionen so wertvoll wie heute!

 


 

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