Carl Friedrich May

* 25. Februar 1842
Ernstthal

† 30. März 1912
Radebeul

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HalbBlut in Dasing

Besuch bei den süddeutschen Karl-May-Festspielen mit den Karl May-Freunden Franken
Von Katharina Maier, "Gastfreundin"

 

Vorwort
(von Klaus_D)

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Im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet befindet sich die „Hazienda del Caballero“. Nach dem Tod des langjährigen Besitzers ist ein Erbschaftsstreit ausgebrochen. Vor allem die zum Landgut gehörende „Bonanza of Hoaka“ – die „Bonanza des Himmels“ – lockt fragwürdige Erben und zwielichtige Gestalten an. Auch der skrupellose Geschäftsmann Diego de la Varga wittert eine große Chance. Seit vielen Jahren sucht er bereits vergeblich nach dem sagenhaften Ort des Goldes.
Hier, an der Grenze zu Mexiko, lebt auch Ik-Senanda – der Halbblut-Komantsche. Von den Weißen betrogen und von den Indianern ausgestoßen, ist der Heimatlose getrieben von Hass und Rache. Auf geheimnisvolle Weise scheint er mit der legendären Bonanza in Verbindung zu stehen.
Die unersättliche Goldgier Diego de la Vargas entfacht den Kampf zwischen Gut und Böse in einer neuen Dimension.
Winnetou und Old Shatterhand geraten dabei in ein lebensgefährliches Abenteuer. Die Übermacht der Gegner scheint grenzenlos zu sein. Für die legendären Blutsbrüder beginnt einer der härtesten Kämpfe ihres Lebens...
[Quelle: Süddeutsche Karl May-Festspiele Dasing]

So beginnt die Geschichte, welche uns Dasing dieses Jahr präsentieren sollte. Ich halte mich mit dem Vorwort bewußt kurz, weil ich Ihnen unbedingt die Möglichkeit geben möchte, den Bericht zu lesen.
Ganz herzlichen Dank an Katharina Maier M.A., die u.a. auch das Buch Nscho-tschi und ihre Schwestern verfaßt hat. Sie war bereit, einen Bericht für uns zu schreiben. Ich freue mich sehr, ihre Zeilen nun veröffentlichen zu dürfen!
Viel Vergnügen beim Lesen!
Ihr Webmaster Klaus_D

[Bild oben rechts: Alle Rechte Süddeutsche Karl-May-Festspiele Dasing]

Der Webmaster dankt:
- K. Maier für den Text
- R. Steinel für die Bilder
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Nun sind wir schon alte Bekannte, die Karl May-Freunde Franken und ich. Zweimal schon hatte ich die Freude, fränkische Karl-May-Freunde bei meinen Veranstaltungen unter den Zuschauern/Zuhörern zu haben - und das bedeutet für mich immer eine besondere Energie im Publikum. Denn wenn Menschen, die Karl May ganz besonders gut kennen und ganz besonders sehr lieben, mit im Raum sind, dann spürt man das, während man seine eigene Sicht auf die Texte des Maysters zum Besten gibt und natürlich - im Grunde des schriftstellerischen Herzens - auf Zustimmung, ganz sicher aber auf ein Sich-Verstehen hofft.

 

Doch diesmal war alles anders - nicht als Künstlerin oder May-Expertin oder Frauen-Autorin sollte ich an diesem 18.8. den Karl May-Freunden Franken begegnen. Nein, vielmehr nahmen sie mich als "Gastfreundin" mit zu den süddeutschen Karl-May-Festspielen in Dasing. Diese finden sozusagen vor meiner Augsburger Haustür statt, und so bot sich ein Treffen mit meinen liebsten - oder jedenfalls vertrautesten Zuhörern mehr als an.

 

HalbBlut steht 2013 in eigenwilliger Schreibweise auf dem Dasinger Spielplan, eine Geschichte basierend auf Mays letztem Jugendroman Der schwarze Mustang. Um es vorwegzunehmen: Die Vorlage diente eher als Inspiration denn als Skript; doch das tat dem Unterhaltungswert der Geschichte keinen Abbruch.

 

Aber eins nach dem anderen:
Mittags schon begaben wir uns an diesem Sonntag auf das Gelände der Western-City, die eine erstaunlich heimelige Atmosphäre umgab. Da meine fränkischen Freunde bereits viel länger unterwegs waren als ich Wahlaugsburgerin, machten wir als Erstes gleich von der ansprechenden Speisekarte Gebrauch. Die servierten Gerichte erwiesen sich dann als noch ansprechender - ob Burger, Currywurst oder Western-Salat, das kulinarische Angebot in der Western-City ist mehr als zufriedenstellend. Und wie wir von unserem Mayster lernen, verheißen ordentliche Kochkünste nur Gutes.

 

So trefflich gestärkt - wenn es auch keine Bärentatzen waren - beschlossen wir, alles mitzunehmen, was bis zum Beginn der eigentlichen Vorstellung geboten wurde. Untermalt von einem mitreißenden Soundtrack, wurde zunächst in der Showarena ein Durchlauf durch die American History geboten.
Dieser ist stellenweise etwas arg komprimiert - etwa werden der Bürgerkrieg und das 20. Jahrhundert so ziemlich ignoriert -, aber das Ganze ist nichtsdestotrotz eine sehenswerte Show voller Stunts und Reitkünste, die mit überraschend kritischen Tönen endet.
Das Beeindruckendste für mich: Ein alter Häuptling, mit vollem Schmuck und tiefen Runen im Gesicht, der stellvertretend für alle Indianer zu stehen schien und seine Rolle mit einer ungeheuren Würde spielte. Für mich war er der Star dieser kleinen Show, dessen stoische Größe wahrhaft May-isch war und zumindest für meinen Teil die Tatsache wettmachte, dass das wahre Schicksal der Indianer hier eher zwischen den Zeilen zu "lesen" war.

 


 

Wir kamen später kurz mit diesem Mann ins Gespräch, wie er, immer noch im Häuptlingskostüm und mit Zigarette im Mundwinkel, sich mit kleinen Fans (und uns) fotografieren ließ. Er erinnerte mich gleichzeitig an meinen Großvater und eine verweltlichte Version von Tatellah-Satah, und so ist es kein Wunder, dass er mir ein wenig wie eine Figur aus einem Mythos vorkam. In Wahrheit war er aber sehr menschlich: kein Indianer, sondern ein schwäbisches Original, das heuer sein letztes Jahr in Dasing hat. Denn, so erzählte er uns, seine Frau, die immer an der Kasse war, sei vor kurzem gestorben, und alles hier würde ihn an sie erinnern. - Ein Schicksal in wenigen Worten. Es ist nicht may-isch oder mythisch, aber sehr menschlich, und daher eben doch irgendwie may-isch und mythisch zugleich.

 

Gefolgt wurde der durchaus atemberaubende Schnelldurchlauf durch die amerikanische Geschichte und unsere rührende Begegnung mit einem Mann, der irgendwie ein echter, alter Häuptling war, von der Fred Rai Show, bei der der Festspielleiter und Western-Sänger zusammen mit seinem wunderbaren Pferd Spitzbub Große und Kleine mit routinierter Lässigkeit und viel Charme zu begeistern wusste. Was ich, die ich mit Rais Art von Musik wenig anfangen kann, davon mitgenommen habe? Pferde sind wunderbar, und die Knirpse von heute singen "Von den blauen Bergen kommen wir" immer noch genauso gern und begeistert mit wie eh und je. Ich muss zugeben, dass mich das mit einer tiefen Befriedigung erfüllt. Manche Dinge bleiben eben doch.

 

Bücher wurden gekauft, Widmungen wurden ergattert, und danach ging es auch schon zurück zur Showarena zum "Hauptevent" des Abends:
HalbBlut

 

Atmosphäre gestalten können sie in Dasing. Mühelos fühlte man sich an die mexikanisch-texanische Grenze versetzt, wo die Hazienda del Caballero liegt, mitten zwischen den Jagdgebieten der Komantschen, die immer mehr in sich zusammenschrumpfen - also die Jagdgebiete, nicht die Komantschen -, und den Besitztümern des skrupellosen Geschäftsmannes Diego de la Varga. Dieser, mit gekonnter "Bösigkeit" von Fred Rai gespielt, möchte sich die Hazienda del Caballero und die dazugehörige goldhaltige Bonanza nach dem Tod des alten Besitzers allzu gern unter den Nagel reißen. Gleichzeitig tut er alles, um zu verhindern, dass er den Komantschen das Land, auf dem er seine Ölbohrungen betreibt, wieder zurückgeben muss - dies nämlich ist die Mission, in der Old Shatterhand gerade unterwegs ist, wenn er sich nicht gerade als Testamentsvollstrecker des alten Timpe betätigt.

 

 

Das Erbe - eben die fragliche Hazienda - zieht Timpes aus ganz Deutschland nach Mexiko: ein komisches Trio, das direkt aus Karl Mays Romanen in die Dasinger Showarena gestolpert zu sein scheint, auch wenn diese Gestalten darin in Wirklichkeit gar nicht auftreten. Angela Fürstin Fugger als sächsische Gutsherrin und Vollblutreiterin Adele Timpe, die irgendwie im 18. Jahrhundert stecken geblieben ist, bringt einen schon durch ihren alleinigen Auftritt zum Schmunzeln.

 

Der gestandene Bayer Franz Josef Timpe stapft in Wadelstrümpfen und Lederhosen durch die Prärie, und Peter Winkelmeier wirkt dabei so natürlich, als hätte er gar keinem Skript zu folgen, sondern würde einfach gerade reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Und in Kasimir Obadja Timpe (Michael Englert) wurde die Figur des Kantors aus dem Ölprinz gekonnt in einen leidenschaftlichen Maler übersetzt, dem die epischen Schlachten gar nicht lange genug dauern können, damit er entsprechende grandiose Bilder davon malen kann. Diese drei komischen Figuren machen einfach Spaß und gehören meiner Meinung nach zu dem May-ischsten, was ich bisher auf einer Bühne oder einer Leinwand gesehen habe.

 

Apropos Schlachten: Auch das können sie in Dasing. Die Stunts sind hervorragend choreographiert, egal, ob sie auf dem Erdboden oder auf dem Pferderücken stattfinden. Die artistische Klasse der Schauspieler - ob Helden oder Bösewichte, ob Haupt- aber Nebenfiguren - trägt viel dazu bei, dass die Dasinger Spiele funktionieren. Dazu kommt die große Unmittelbarkeit durch die Nähe der Zuschauertribüne zum Geschehen. Die Energie der Stunts kann ungehindert auf das Publikum übergreifen: Man ist dabei, man wird in Bann geschlagen, man fiebert mit, und man schaut einfach gern zu.

 

Und dann sind da natürlich noch die Pferde. Dass Fred Rai seinen eigenen, pferdefreundlichen Stil des Reitens entwickelt hat, ist vermutlich hinlänglich bekannt. Aber wenn man die Pferde in der Dasinger Showarena sieht, wird klar, dass das nicht nur einfach Gerede ist. Die Pferde sind genauso Performer wie die Schauspieler, und werden auch genauso behandelt: als Mitarbeiter im wahrsten Wortsinn. Was Reiter und Pferde leisten, ist beachtlich, und diesen Kunststücken wird auch Raum gegeben. Sie lenken nicht von der eigentlichen Aufführung ab, sondern sie geben ihr einen Mehrwert, eine ganz eigene Energie und Ästhetik. Und wie bei den Menschen gibt es auch unter Pferden Stars.

 

 

 

In diesem Fall handelte es sich um einen Komantschenschimmel, der jedes Filmpferd in den Schatten stellen würde - und sich fast, zumindest für Gabi und mich, sogar zum eigentlichen Star das Stückes entwickelte, der allen anderen die Schau stahl.

 

 

Fast, denn da waren natürlich noch Winnetou und Old Shatterhand. Matthias M. ist schon ein "alter Hase" und hat sich als Winnetou etabliert. Dieses Jahr führte er sogar zum ersten Mal mit Regie. Helmut Urban ist als Old Shatterhand aber noch ziemlich neu; es ist sein zweites Jahr in Dasing. Doch er spielt mit seinem Winnetou zusammen, als würden sie sich schon ewig kennen. Diesen beiden glaube ich ihre epische Blutsbrüderschaft, ohne dass viele Worte gemacht werden. Sie müssen nur nebeneinanderstehen.

 

Auch jeder für sich machen Matthias M. und Helmut Urban eine gute Figur. Beide stellen etwas dar, haben eine Präsenz und eine starke Energie auf der Bühne, die unerlässlich ist, um einen epischen Helden vom Schlage Winnetous oder Old Shatterhands darzustellen. I love you guys! (Entschuldigung, da brach das Fangirl durch).

 

Nachdem ich mich mit meinem Bericht langsam May'schen Dimensionen nähere, möchte ich den Rest kurz machen. Einen habe ich bis jetzt noch nicht erwähnt: Peter Görlach als die Titelfigur, der Halbblutkomantsche Ik Senanda, dessen Hass auf die Weißen keine Grenzen kennt. Die eigentliche Entwicklungsgeschichte des Stückes ist die seine: vom rachedurstigen Außenseiter, der sich von Weißen verführen und benutzen lässt, zum Geläuterten. Die Geschichte ist mit der Mystik durchdrungen, die typisch für Peter Görlach ist, der auch für Drehbuch, Regie und Choreographie zuständig ist.

 

Diese Mystik ist nicht hundertprozentig die Karl Mays, aber mit dem May'schen Geiste gut vereinbar. Die Geschichte Ik Senandas ist ausgesprochen rührend. Sie enthält zwar auch den größten Denkfehler der Inszenierung, den ich hier an dieser Stelle jedoch nicht enthüllen möchte, um nicht die ganze Story zu verraten; aber vor lauter Rührung kann man gut zwei Augen zudrücken und diese chronologische Unwahrscheinlichkeit übersehen.

 

Besonders hervorheben möchte ich noch die grandiose Arbeit mit dem "Soundtrack" und das offensichtliche Engagement der Darsteller. Dasing, so möchte ich schließen, sind die Spiele des Gefühls. Und deswegen freue ich mich sehr auf das 10-jährige Jubiläum nächstes Jahr - und auf "Winnetou I". Vor allem mit diesem Winnetou und diesem Old Shatterhand. Und diesen Pferden natürlich. Und mit den Karl May-Freunden Franken.

 

Vielen Dank für diesen schönen May'schen Tag!

 

 



 


 

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