Carl Friedrich May

* 25. Februar 1842
Ernstthal

† 30. März 1912
Radebeul

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Eine Reise zu den Karl May-Festspielen Bad Segeberg 2017


 

Vorwort
(von Klaus Düdder)

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Liebe Leserin,
lieber Leser,

üblicherweise denken viele Menschen bei dem Wort "Karl May-Festspiele" sofort an Bad Segeberg. Tatsächlich dürfte Bad Segeberg die bekannteste überregionale Stätte unter den Karl May-Festspielbühnen sein.

Ende Juli 2017 brachen nun fränkische Karl May-Freunde nach Bad Segeberg auf, um die dortigen Karl May-Festspiele zu besuchen.

Die Begeisterung über die Darbietung sowie der gesamten Festspiel-Einrichtung zeigt sich wie ich finde in den ausdrucksstarken Bildern, welche sie vom Kalkberg mitgebracht haben. Die Bilder können Sie etwas weiter unten in einer Bildershow anschauen. Klicken Sie hierfür einfach auf das Vorschaubild.

Daneben haben mir unsere fränkischen Festspielbesucher auch Texte über den Besuch zur Verfügung gestellt, die ich selbstverständlich gerne zu den jeweiligen Bildern mit veröffentliche.

Ich wünsche Ihnen nun beim Lesen und Betrachten der Zusammenstellungen viel Freude - und vielleicht kommt auch manche Erinnerung wieder hoch, verbunden mit dem Entschluss: Da muss ich hin!

Na, wie wärs? *zwinker*

Übrigens: Rechts sehen Sie das diesjährige Plakat der Bad Segeberger Karl May-Festspiele. Es gefällt mir so gut, dass ich es Ihnen unbedingt zeigen muss! :o)

Ihr K. Düdder

Der Webmaster dankt:
- U. Wasserburger für Bilder und Text (Besuch 21.07.2017)
- G. und R. Steinel für die Bilder und G. Steinel für den Text (Besuch 30.07.2017)
Bild im Vorwort: Alle Rechte Karl May-Festspiele Bad Segeberg


 

Bad Segeberg
(besucht von G. und R. Steinel)

 

 

Es mag etwas seltsam, vielleicht sogar überheblich, anmuten, wenn ich die Frage stelle: Was haben Mathieu Carrière und ich gemeinsam?

 

Im Prinzip natürlich nichts - wenn da nicht eine Besonderheit wäre, die den Schauspieler und mich verbindet (wovon dieser natürlich nichts weiß):
Für uns beide ist es 2017 die Rückkehr auf den Kalkberg in Bad Segeberg. Damit endet dann aber auch schon wieder die Gemeinsamkeit. Während die Rückkehr für Mathieu Carrière bedeutet, die komplette Saison bei der Inszenierung Old Surehand den "General" zu spielen, so war es für meinen Mann und mich die Rückkehr für einen Tag.

 

Bereits vor 17 Jahren sahen wir Mathieu Carrière in der Rolle des "Ölprinz". Dabei ist mir die Erinnerung an einen großartigen Schauspieler geblieben - charismatisch, aber auch richtig fies und hoch zu Ross eine sehr gute Figur machend. So brauchte es keine lange Überlegung, als ich erfahren habe, dass in diesem Jahr Mathieu Carrière wieder im Kalkberg-Ensemble mit dabei sein wird.

 

Woran ich mich Segeberg betreffend auch gerne erinnere und was ich im Freundes- und Bekanntenkreis auch immer wieder erzähle ist, wenn am Ende der Vorstellung die Kinder nach vorne laufen, den Schauspielern die Hände abklatschen und für die Pferde Karotten und Äpfel abgegeben wurden.

 

Noch am Vormittag des 30.07.2017 blitzte und donnerte ein heftigstes Gewitter, der Himmel fast so dunkel wie nachts. In den nächsten Stunden wechselten sich Gewitter, Sonne und Wolken ab, und genauso war es auch noch gegen 14 Uhr, als wir am Kalkberg eintrafen. Kurz vor Vorstellungsbeginn um 15 Uhr zogen noch einmal dunkle schwarze Wolken auf! Dann aber entstanden die ersten Wolkenlücken, die Sonne spitzte neugierig und machte mit den Windböen gemeinsame Sache: Die Wolken verzogen sich ziemlich schnell.
Pünktlich zum Vorstellungsbeginn dann: Strahlender Sonnenschein und das Lüftchen, das man ab und an spürte, tat bei dem nun extrem schwülwarmen Wetter richtig gut. Natürlich waren wir komplett verkehrt angezogen.

 

Old Surehand - für mich eine der spannendsten Karl May-Erzählungen!

 

Karl May hat in eine Familientragödie einen Krimi verpackt und dabei nicht vergessen, das Ganze mit einem mystischen Geheimnis zu umgeben: Eine Familie wird durch Verrat bis hin zum Mord auseinandergerissen. Jahrzehnte später trifft Old Shatterhand auf eines dieser Familienmitglieder - einen der Söhne dieser Familie: Old Surehand!

 

Gemeinsam mit dem edlen Apachenhäuptling Winnetou macht er sich auf, die Rätsel zu lösen und den Verräter und Mörder aufzuspüren, um am Ende wenigstens einen Teil der Familie wieder zusammenzuführen. Natürlich dauert die ganze spannende Geschichte zwei Karl May-Bände lang. Auf der Bühne ist das in dieser Ausführlichkeit nicht umsetzbar. Doch die Segeberger sind nah dran.

 

In Alexander Klaws haben sie einen jungen Helden gefunden, der glaubwürdig rüberkommt. Überhaupt punkten die Segeberger mit einem tollen, ja hochkarätigen Schauspieler-Ensemble, wenn man die beruflichen Lebensläufe der Darsteller liest. Das sieht man nicht nur in der Darstellung, das hört man auch an den Stimmen. Jede Stimme passt zur Figur. Dennoch möchte ich jetzt gar nicht so sehr auf die einzelnen Darsteller eingehen. Das kann man hier nachlesen.

 

Eingefangen haben sie das Wesentliche der Erzählung; Kolma Puschi, der geheimnisvolle Indianer, ist ebenso präsent wie Tibo-taka, der Verräter und Mörder. Old Shatterhand, der in den Old Surehand-Erzählungen eine sehr dominante Rolle einnimmt, ist in Bad Segeberg kein Thema. "Ersetzt" wurde Shatterhand durch eine junge Indianerin - Lea-tshina. Die ersten 15 Minuten war ich noch enttäuscht, dass kein Old Shatterhand auftauchte, doch dann vergaß ich die geschriebenen Bände und ließ mich wirklich auf das Stück ein.

 

Das war nicht zuletzt ein Verdienst von Carrière, denn so elegant er über die Bühne stolzierte, so fies und zynisch spielte er den "General" Douglas. Dazu noch sein trockener Humor, der dann auch aktuelle Themen aufgreift... Ein Beispiel gefällig?
"Ein mieser Charakter im Weißen Haus? Das kann nicht sein!"
Genial! Mit welcher Eleganz er von einer Seite der Bühne zur anderen schritt. Er musste nicht auf einem Pferd sitzen, um seiner Rolle gerecht zu werden!

 

Kolma Puschi - geheimnisvoll auf der Suche nach ihren Söhnen; Apanatschka und Old Surehand, die im Zweikampf ihre Kräfte messen, doch es gibt keinen Sieger und/oder Verlierer.

 

Ich muss auch unbedingt etwas zu Old Wabble schreiben. Anders als in der Verfilmung von 1965, in der Old Wabble schon fast als nicht überlebensfähiges Greenhorn dargestellt wird, hat man in Joshy Peters (der bei meinem letzten Besuch 2000 noch den Old Shatterhand spielte) einen Old Wabble gefunden, der dem von Karl May beschriebenen Indianerhasser schon sehr nahe kommt.

 

Aufgelockert wird die Handlung durch den Koch François. Er kämpft, singt, tanzt und bringt uns, die Zuschauer zum Lachen. Die Kinder, die neben uns sitzen amüsieren sich köstlich. Gemeinsam mit Pitt Holbers und Dick Hammerdull sorgt er für Entspannung zwischen Kampf- und Actionszenen.

 

Natürlich darf auf der Bühne auch die Romantik nicht zu kurz kommen. Ich habe es schon erwähnt, Old Shatterhand wurde quasi aus der Handlung gestrichen. Während Tibo-taka noch versucht, Apanatschka und Lea-tshina zu "verkuppeln", hat sich Lea-tshina bereits anders entschieden und ihr Herz an Old Surehand verloren.

 

Am Ende siegt natürlich das Gute. Kolma Puschi1) stellt sich - wie im Buch - als Mutter der beiden Brüder Old Surehand2) und Apanatschka3) heraus. Tibo-taka, Old Wabble und der "General" Douglas6) erleiden ihr Schicksal.

 

Die Tragik dieser Familiengeschichte wird gut erzählt. Die Figuren sind authentisch und - wie schon erwähnt - recht nahe am Buch. Neben Old Shatterhand fehlen allerdings zwei weitere wesentliche Figuren:
Erstens die Schwester von Kolma Puschi, Tibo-wete elen4), die durch dramatische Ereignisse während ihrer Hochzeit und der Zerstörung ihrer Familie sehr depressiv und schwermütig wurde sowie zweitens der gemeinsame Bruder von Kolma Puschi und Tibo-wete elen, Wawa Derrick5).

 

Vielleicht ist Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, ja aufgefallen, dass ich bisher eine sehr wichtige Person noch gar nicht erwähnt habe. Das ist wahr. Winnetou!

 

Jan Sosniok spielt den Winnetou still, fast unspektakulär. Doch wenn er auf die Bühne reitet, ist es wieder da, dieses Gänsehautgefühl. Dazu noch die Musik von Martin Böttcher - und wenn dann der Adler als Symboltier zu ihm fliegt, als Botschafter zwischen dem großen Geist und den Menschen, ist diese Magie, die die Figur "Winnetou" ausstrahlt, wunderbar spürbar!

 

Der Segeberger Winnetou kommt Karl Mays Winnetou sehr nahe: in sich ruhend, aber immer präsent. Ohne viele Worte ist er immer dann zur Stelle, wenn er gebraucht wird und bietet mit wenigen Worten friedliche Lösungen an - Karl Mays Winnetou eben.

 

Neben der großen Bühne, auf der sich der Großteil der Handlung abspielt, gibt es einige kleine Nebenschauplätze. So wird zum Bespiel im oberen Bereich bei der Kirchenkulisse eine Beerdigung dargestellt. Sie gehört nicht unbedingt zur Handlung, soll aber wohl den Zuschauern anschaulich zeigen: Auch das gehörte zum wilden Westen.

 

Das zusätzliche Highlight für die Kinder am Ende: Das Abklatschen der Hände an der Barriere so wie früher. Der einzige Unterschied ist, dass die Darsteller nicht mehr auf den Pferden an der Barriere entlanggaloppieren, sondern zu Fuß entlanglaufen. Das tat der Freude keinen Abbruch. Wir hatten das Gefühl, es machte beiden Spaß; den Schauspielern wie den Kindern.

 

Als wir mit vielen tollen Eindrücken und einer Menge Bilder zurück nach Hause fuhren, ahnten wir noch nicht, dass unser nächster Bühnenbesuch zwei Wochen später in Dasing ganz anders werden sollte als geplant. Doch davon an anderer Stelle mehr.

 

Gabriela Steinel

 

 

Erläuterungen

 

1) Kolma Puschi
Geborene Moqui-Indianerin namens Tehua, später getauft und Emily genannt, verheiratet mit dem Kaufmann Bender, dem von Tibo-taka Falschgeld untergeschoben wurde. Bender kam dafür ins Gefängnis und setzte aus Gram seinem Leben dort ein Ende.

 

2) Old Surehand
Bürgerlich: Leo Bender

 

3) Apanatschka
Bürgerlich: Fred Bender

 

4) Tibo-wete elen
Geborene Moqui-Indianerin namens Tokbela. Später getauft als Ellen, verheiratet mit Tibo-taka (= Lothaire Thibaut). Karl May lässt den Leser über sie nicht im Ungewissen: "Nur über Tokbela muß ich dich beruhigen. Ihr Wahnsinn ist in eine stille Melancholie übergegangen, welche sie nicht hindert, an allem, was ihre Umgebung betrifft und bewegt, innigen Anteil zu nehmen. 'Ihr Geist ist wieder bei ihr.' "

 

5) Wawa Derrick
Ikwehtsi'pa (auch: Sikis-sas. Beides bedeutet "Großer Freund") war ein getaufter Indianer vom Stamme der Moqui. Er war der Bruder von Tehua und Tokbela und wurde von Tokbela "Wawa Derrick" genannt.
Bei den Weißen wurde er auch "Padre Diterico" genannt. Sie hielten ihn für einen großen Prediger. Um sich mit vollem Recht Padre nennen zu dürfen, ging er mit seinen Schwestern in den Osten, wo er am Kolleg studierte.
Durch kriminelle Machenschaften vom angeblichen "General" Douglas6) kam Wawa Derrick ins Gefängnis, wurde später jedoch befreit, um Etters6) - ohne sein Wissen - zu seinen verborgenen Goldvorräten zu führen. Am Devils-head wurde Wawa Derrick von Etters erschossen und verscharrt.
Wawa Derricks Grab wird von Kolma Puschi gepflegt.

 

6) "General" Douglas / Daniel Etters / John Bender
Der Geburtsname des "General" Douglas lautete eigentlich Daniel Etters. Als Stiefbruder des Kaufmannes Bender trug Daniel Etters allerdings den Namen John Bender und war im Geschäft eben jenes Kaufmannes Bender, also seines Stiefbruders, angestellt.

 



 

Old Surehand in Bad Segeberg
(besucht von A. und U. Wasserburger)

 

 

Die große, auf Massen ausgelegte Freilichtbühne in Bad Segeberg besteht seit 65 Jahren und hat sich ganz auf Karl May ausgerichtet. Anderes wird dort nicht gespielt. Dementsprechend ist auch das Umfeld ausgerüstet.
Da durch den Einfluss der Karl-May-Filme in den sechziger Jahren nur noch Wild-West-Texte Karl Mays auf die Bühnen kommen, ist in Bad Segeberg ein entsprechender, aber kleiner "Karl-May-Freizeitpark" entstanden. Leider wird man so dem Werk Karl Mays nicht mehr gerecht. Ab 1975 ist die Bad Segeberger Bühne fest in der Hand des "Wilden Westens".

 

Der "Old Surehand" Text kam dieses Jahr zum vierten Mal auf diese Bühne. Obwohl es Im Programmheft deutlich heißt: "Frei nach Karl May" lässt sich vieles von der Romanhandlung wiedererkennen. Jedenfalls werden die groben Fehldarstellungen der Filmära nicht wiederholt.
Trotz der schönen Indianerin und des klamaukhaften Kochs, war das Familiendrama von Old Surehand klar zu erkennen. Dass nicht alles dargestellt werden kann, ist auch klar; es ist generell unmöglich, eine ca.1000-seitige Romanhandlung auf der Bühne in gut 1,5 Stunden darzustellen. Außerdem: Dem Publikumsgeschmack bei möglichen 7500 Zuschauern pro Aufführung muss auch entsprochen werden, denn viele sollen in den folgenden Jahren wiederkommen.

 

Jedoch befremdlich erscheint dem Berichterstatter, das anhand der mitgehörten Pausengespräche feststellbar ist: Die Romanvorlage kennt fast keiner. Es werden nur Vergleiche mit dem schlechten "Old Surehand 1. Teil" - Film gezogen. Dass der 2. Teil damals nicht verfilmt wurde, lässt doch auf vieles schließen. Der Roman "Old Surehand" besteht in der heutigen Karl-May-Verlag-Ausgabe aus zwei Bänden, Karl Mays Originalfassung bestand sogar aus 3 Bänden - zugegeben, die Erzählungen bei "Mutter Thick" lassen sich problemlos herauslösen und in einem Sammelband veröffentlichen. Eben jedem nach seinem Geschmack.

 

Als viel Störender wurde die Größe des Zuschauer-Rondells empfunden. Von den "guten" Plätzen nahe an der Arena war die Schauspielermimik gut zu erkennen und die Haupthandlung konnte gut verfolgt werden. Doch die teilweise parallel verlaufenden Nebenhandlungen, z.B. Dorfszenen, die am Hang stattfanden oder das abseilen von Winnetou etc., gingen einem teilweise dadurch. Das gleiche gilt teilweise für das Finale im Fort-Bereich. Das war von den hinteren Plätzen besser zu sehen.

 

Gott sei Dank gibt es in diesem großen Zuschauerbereich nur Platzkarten, sonst müsste man Stunden vor Beginn dasein.

 

Mein Fazit: Nur um eine Karl May-Aufführung zu erleben muss nicht nach Bad Segeberg gefahren werden. Als sinnvolle Urlaubsunterbrechung bei einem Urlaub an der nahen Ostsee hat ein Besuch in Bad Segeberg seinen Reiz, sofern man dem Massenbetrieb gewachsen ist.

 

Ulrich Wasserburger

 


 

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